Zwar waren die römischen Höfe um die Mitte des 3. Jahrhunderts alle untergegangen und der Mönchengladbacher Hügel danach wieder mit Weiden und Wald bedeckt, doch zur Zeit der Franken ab dem 7./8. Jahrhundert trat wieder eine Besiedlung ein, und für die kleinen Streusiedlungen und Einzelhöfe wurde - Vermutungen zufolge - auf der höchsten Stelle des späteren Abteihügels eine Seelsorgestation eingerichtet.
Erste gesicherte Kenntnisse über eine Besiedlung des Abteiberges gibt uns ein Bericht aus dem späten 11. Jahrhundert, der wohl im Scriptorium des Gladbacher Klosters entstanden ist. Diese reich ausgeschmückte Erzählung erwähnt einen "gewissen Balderich, Vornehmen des Reiches", der bereits lange vor Gründung der Abtei auf dem Hügel eine Kirche - für die vorhandenen Streusiedlungen und Einzelhöfe (?) - erbaut habe, die bei einem Einfall der Ungarn im Jahre 954 zerstört, aber wohl teilweise wieder aufgebaut worden sei. Demnach wird die Gründung der Stadt Mönchengladbach auf das Jahr 795 datiert, wie auch eine steinerne Tafel in der Innenstadt berichtet.
Grabungen im Bereich der Münsterkirche durch Prof. Dr. Hugo Borger haben eine weilerartige Besiedlung in spätkarolingischer Zeit bestätigt. Der Fund mehrerer heidnischer Matronensteine deutet die Möglichkeit römischer Vorläufer an. Vermutungen zufolge hat die erste Kirche auf der Spitze des Hügels an der Stelle der heutigen Pfarrkirche gestanden.
Als eigentliche Geburtsstunde der heutigen Stadt Mönchengladbach gilt nach herrschender Meinung die Gründung der Abtei im Jahre 974.
Die Gründungsgeschichte der Abtei Gladbach erzählt, dass nach längerer Suche der Kölner Erzbischof Gero und der Trierer Benediktinermönch Sandrad im Jahre 974 auf einem bewaldeten Hügel über einem Bach ein Kloster errichteten, das dem heiligen Vitus geweiht wurde.
Als nämlich Gero und Sandrad auf der Suche nach einem geeigneten Ort für die beabsichtigte Klostergründung zu den Ruinen auf dem Abteiberg kamen, dem "unbewirtschafteten Berg, den dichter, schattiger Wald überzog", hörten sie tief im Innern des Berges eine Glocke; sie folgten dem Klang und fanden, in einem hohlen Stein verborgen, die Reliquien der Heiligen Vitus, Cornelius, Cyprianus, Crysantus und Barbara aus der zerstörten Balderichskirche. Damit war der Ort der Klostergründung durch ein göttliches Zeichen gewiesen.
Eine prosaischere Erklärung für die Wahl des Standortes liefern der gute Ausblick von dem künstlichen Plateau und andere mehr fortifikatorische Gesichtspunkte. So wird denn die Wahl des Gründungsortes ebensowenig zufällig gewesen sein wie das Patrozinium der Kirche und die Entscheidung für Sandrad als ersten Klostervorsteher.
Zum einen wollte Gero einen religiösen Mittelpunkt schaffen und seinen hier gelegenen erzbischöflichen Grundbesitz aus der Herrschaft des Bischofs von Lüttich herauslesen. Mit der Bildung des "Vorpostens" verfolgte er darüber hinaus das Ziel einer Ausdehnung des kirchlichem Einflussbereichs der Diözese Lüttich an den Rhein vorzubeugen.
Zum anderen standen die Klostergründung und die Wahl des Abtes in engem Zusammenhang mit den politischen und religiösen Reformen unter den ottonischen Kaisern in Deutschland. Eine Generation vorher hatte der Bruder Kaiser Ottos des Großen, Erzbischof Bruno von Köln, den für das frühe Mittelalter charakteristischen weltlichen Einfluss des Klerus mit der übertragung wichtiger politischer Funktionen auf kirchliche Amtsträger begründet.
Die zahlreichen Klostergründungen dieser Zeit sind daher nicht zuletzt als Manifestation weltlichen Herrschafts- und Einflussanspruchs auf die Bevölkerung anzusehen, wie sie auch als feste Trutzburgen den Bauern der Nachbarschaft Schutz und Zuflucht vor feindlichen überfällen gewährten. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die Gorzer Reform, eine klösterliche Erneuerungsbewegung, die das Ziel hatte, die einzelnen Klöster stärker in die bischöfliche Oberaufsicht einzubinden. Diese Reform hatte ihren wichtigsten Stützpunkt in St. Maximin in Trier, dem Heimatkloster Sandrads, und in diesem einen ihrer herausragendsten Vorkämpfer. Sie setzte sich in weiten Teilen Deutschlands durch und bestimmte bis ins 12. Jh. die Art und Weise des Klosterlebens.
Da der höchste Punkt des Abteiberges offensichtlich besetzt war, mussten Erzbischof Gero und Abt Sandrad auf einer tiefer gelegenen Stelle Kloster und Klosterkirche erbauen. Da das Terrain nicht reichte, musste es sogar durch eine Anschüttung von Erdreich erweitert werden.
Die Abtei war die Urzelle der Siedlung, die den Namen des Bachs annahm, der zu Füßen der Abtei floss. Die Siedlung wurde von den Äbten planmäßig ausgebaut. Im 12. Jahrhundert legten sie nördlich der Kirche einen Markt an und zogen Handwerker und Gewerbetreibende nach Mönchengladbach, die um den Markt Häuser erhielten.
Der Schutzpatron der Abtei, der heilige Vitus (auch Veit, gestorben um 303) war ein christlicher Märtyrer aus Sizilien. Er starb während der Regierung des römischen Kaisers Diokletian in Lucania oder Rom.
Vitus wurde hauptsächlich im mittelalterlichen Deutschland verehrt. Als einer der 14 Nothelfer wird er von den Kranken angerufen. Dargestellt wird er wird häufig in einem großen Kessel mit siedendem Öl. Sein traditioneller Festtag ist der 15. Juni.
Die Wahl des heiligen Vitus als Patron war kein Zufall. Er wurde besonders von den Sachsen verehrt, zu deren Stamm Gero gehörte.
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