Heinrich Lersch nimmt als Arbeiterdichter einen beachtlichen Rang ein. Dennoch geriet er fast in Vergessenheit. Er war ein vehementer Streiter für die Arbeiter und die Unterdrückten. Mit seinen Werken setzte er ihnen ein Denkmal. Heinrich Lersch wusste, wovon er schrieb: Im väterlichen Betrieb absolvierte er eine Lehre als Kesselschmied. Der am 12. September 1889 in Mönchengladbach geborene Lersch machte sich 1909 als Geselle schon früh auf Wanderschaft. Er gelangte so bis nach Basel, Wien und Rom. Später verdingte er sich in den Werften in Norddeutschland oder als Industriearbeiter in Holland und Belgien. Die Erfahrungen, die er bei dieser Arbeit machte, spiegeln sich in seinem Werk wider. Seine Gedichte, Erzählungen und Romane beschreiben vor allem das ästhetische Moment harter körperlicher Arbeit. Lersch war fasziniert von Kraft, Bewegung und Schnelligkeit, die sich gerade in den frühindustriellen Maschinen zeigte, aber auch in der "Maschine Mensch". In der Koordination verschiedener Arbeitsprozesse zu einem Ganzen erlebte er Zugehörigkeit und harmonische Abstimmung. Deutlich wird dies ganz besonders in seinem Roman von 1930 "Hammerschläge".
Der eigenwillige Heinrich Lersch ist nicht eindeutig festzulegen, weder in seinen Anschauungen noch in seinen dichterischen Werken. Hin- und hergerissen zwischen Handwerk und Industrie, Freiheitsliebe und notwendiger Unterordnung im Arbeitsprozess zeigte sich der Autodidakt als unangepasster, aufsässiger Zeitgenosse. Er bezeichnete sich in einem poetischen Selbstbildnis als "Prolet von Gottes Gnaden". Lersch war auch ein politischer Mensch. Regelmäßig nahm er teil am sogenannten Sturmkreis, benannt nach dem Mönchengladbacher Berufsschuldirektor Heinrich Sturm, Vater der Journalistin sowie Schriftstellerin Vilma Sturm. Eine Gruppe engagierter Leute nutzte diesen Gesprächskreis einmal wöchentlich, um über politische und kulturelle Themen zu diskutieren.
Der Arbeiterdichter wechselte seine politischen Überzeugungen mehrfach, was auch in seinen Werken deutlich wird. Seine frühen Arbeiten sind vom Patriotismus geprägt. "Tröste Dich, Liebste, tröste Dich / wie zum ersten Male wollen wir uns küssen / Deutschland muss leben, auch wenn wir sterben müssen", so schrieb er 1914 in seinem bekannten Gedicht "Soldatenabschied". Seine anfängliche Kriegsbegeisterung brachte ihm auch den Titel "Sänger des Krieges" ein. 1914 zog Lersch freiwillig in den Krieg und empfand dies als "erste Erfüllung in meinem Leben". 1916 kam er aufgrund einer Kriegsverletzung in seine Heimatstadt zurück. Später schlug er dann bittere Töne an. Er sprach vom Glück derer, die nie das Licht der Welt erblickten. Sie seien "glücklich, weil sie nicht geboren sind". In den 20er Jahren zeigte sich Lersch als glühender Kriegsgegner. Sein lyrisches Hauptwerk "Mensch in Eisen" stammt aus dieser Zeit (1925). An diesem Gedichtband wird der Einfluss des Expressionismus auf Lerschs Schaffen sehr deutlich. Später schwenkte der Dichter zum Nationalsozialismus um.
So gab er 1934 ein "Lied über die braune Armee" heraus. Seine gebrochene Zuneigung zum nationalen Deutschland machte ihn wohl anfällig für die "neuen Töne". Er erhoffte von den Nazis eine Revolution der Werktätigen. Außerdem war es für Lersch eine pragmatische Entscheidung. Viele Zeitungen und Verlage, wie zum Beispiel der Verlag des Volksvereins für das katholische Deutschland, für den er schrieb, gab es nicht mehr. Die Nationalsozialisten förderten ihn, indem sie ihn unter anderem 1933 an die Preußische Akademie der Künste holten.
Martin Walser beschrieb Lersch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 30. Januar 1981 als "sehr deutsch, sehr katholisch, sehr kleinbürgerlich, sehr sozialistisch". Lersch war überdies auch sehr kinderlieb. Mit seiner Ehefrau Erika Köchlin hatte er drei Kinder. 1927 brachte er unter dem Titel "Manni" Kindergeschichten seines Sohnes Gerrit heraus. Eine ganz neue Facette seiner Arbeit. Seine engsten Freunde, zu denen auch die Dichter Gerrit Engelke und Hans Leifhelm gehörten, erlebten den Rebellen Lersch als rührenden Familienvater.
Die Heimatstadt Heinrich Lerschs hat 1937 eine Straße im Stadtteil Lürrip nach ihm benannt sowie im Jahre 1958 eine Schule. Auf dem Hauptfriedhof an der Viersener Straße erhielt der am 18. Juni 1936 in Remagen verstorbene Dichter mit der "eigentümlichen Sprachmacht" ein Ehrengrab. Zu seinem 30. Todestag zeigte die Stadtbibliothek eine Ausstellung über ihn. 20 Jahre später, 1986, dokumentierte das Stadtarchiv in einer Ausstellung Leben und Werk des Dichters "der Kessel und Strophen schmiedet". Heute wird um 19 Uhr eine kleine Kabinettausstellung in Gedenken an Heinrich Lersch im Museum Schloss Rheydt eröffnet. Morgen findet um 14 Uhr ein Symposium statt.